Es folgen einige Texte von und über Wolfgang Wache, die sein Jahrzehntelanges Engagement in Kunst, Kultur und Kultureller Bildung widerspiegeln.

HIER geht es zu einem Beitrag des Regionalfernsehens, der anlässlich seines 65. Geburtstages erstellt wurde.

HIER gibt es einen Einblick in eine Lesung von Wolfgang Wache.

 

TANTE GRETEL

(2014)

Kornblumen gießt man nicht – Band 1 – LYRIK

Nachwort von Tante Gretel

Voller Bewunderung und Hochachtung blicke ich auf die literarischen Werke meines ehemaligen Hortschülers Wolfgang Wache. Seine Entwicklung versetzt mich in Erstaunen, jedoch bestätigt sich, dass es gelungen ist, die Fähigkeit und die Begabung zu erkennen und etwas zur Weiterentwicklung beigetragen zu haben. Wichtig und richtiger gesagt, ist es die Pflicht eines jeden Pädagogen, die schlummernden Talente zu erkennen und zu fördern. Wolfgang bereicherte mit seinen Reimen und fantasievollen Geschichten das Klassenleben. Bei einem Klassentreffen wurde die Erinnerung an so manche Episode bei den ehemaligen Schülerinnen und Schülern wach. So wurde aus einem Schüler, der das Fach Deutsch „hasste“, ein „Literat“.

In aller Bescheidenheit, die heut eigentlich ein Fremdwort geworden ist, setzt Wolfgang unter schwierigsten materiellen Gegebenheiten seine Arbeit fort. Die Sammlung „Anthologie – Ich schreibe!“ motivierte Kinder und Jugendliche, sich mit der Schönheit der deutschen Sprache zu befassen. In Gedichten und Erzählungen brachten sie zu Papier, was das Zusammenleben der Menschen wertvoll macht. Mit Fantasie und kritischen Äußerungen stellten sie brisante Themen in den Mittelpunkt ihrer literarischen Werke. Im Kreis Gleichgesinnter diskutierten sie über ihre Arbeit. Eigentlich kann ich es überhaupt nicht verstehen, dass diese Weiterbildung, die Aneignung von Wissen beinhaltet, so wenig Beachtung findet. Es wird von höchster Stelle über die Interessenlosigkeit der Jugend geklagt, doch solche Projekte wie sie Wolfgang und seine Mitarbeiterinnen mit Kindern und Jugendlichen praktizieren, werden ignoriert.

Nach diesen Überlegungen möchte ich mich den Gedichten zuwenden.

Sehr gut finde ich, dass sich der Autor dem Gestern und Heute zuwendet. Eine Weisheit besagt: „Wer die Gegenwart verstehen will, muss die Vergangenheit kennen.“

Das Gefühl hatte ich bei „Bergmanns Anerkennung“. Ganz „heimisch“ wurde mir zumute, als ich den Lausitzer Dialekt (nicht den sächsischen) in mich aufnahm. Das „Massentragen“ bei den 12-Stundenschichten ist mir aus meiner Kindheit bekannt (die 30er Jahre). Vom Autor wurde herausgearbeitet, dass die Arbeiter in jeder Gesellschaftsordnung ihre Ehre dafür einsetzten, mit höchster Einsatzbereitschaft, ihre Pflicht zu erfüllen.

Ein „Schmunzeln“ konnte ich nicht unterdrücken, als ich das „Fahrrad“ las. Für viele Menschen war es das einzige Fortbewegungsmittel, ob Nah- oder Fernverkehr. Es hatte den Stellenwert wie heute das Auto, darum ist es gerecht, ihm ein Denkmal zu setzen.

Tief berührt war ich von der „Bratpfanne“, welche die Wende überlebte. Sie musste mitansehen, welche schwere Zeiten für den Besitzer hereinbrachen. Bemerkenswert die Stelle, die ich zitiere: „Heute steht sie immer noch auf dem Tisch, wenn er jedes halbe Jahr seinen Hartz IV Antrag ausfüllt.“ Weiter heißt es, dass Scheingründe die Kulissen des kleinen Mannes kopieren. Abschließend: „Immer war es so – wird es für immer so bleiben?“

Treffend finde ich die Sehnsüchte auf dem Reppister Turm. Es stimmt nachdenklich die Frage nach den Menschen, die in der Umgebung des Turmes ihr Zuhause hatten. Doch heut muss man verstehen, dass die einst so verpönte Rohkohle einen hohen Stellenwert besitzt.

„Das morgendliche Rührei“ finde ich realistisch, dass man als Zeitzeuge nur zustimmen kann.

Wenn ich an die alten Menschen, wie ich einer von ihnen bin, denke, die ihren letzten Aufenthalt auf der Erde im Pflegeheim verbringen, ist das Wunschdenken das Positive, das einem Heimbewohner verbleibt. Die jungen Menschen von heute verstehen das nicht. Sie werden ihre Erfahrungen in späteren Jahren selbst erleben.

Besonders schön fand ich das Gedicht „Der Glücksbringer“, in dem die Glaskugel als Tauschobjekt genannt wird. Kindertage entstanden so vor meinem geistigen Auge. Wer würde sich heut über eine bescheidene Glaskugel freuen? Es waren mit ihr viele Spiele verbunden. Heut hat die Technik Einzug in die Kinderzimmer gehalten. Ob diese zur Fantasie anregt? Sind die Kinder heut glücklicher als wir es waren? Unsere Welt war bescheidener, doch in der Erinnerung nachhaltiger.

Mit dieser philosophischen Aussage möchte ich mein Nachwort beenden.

Ich wünsche meinem Poeten zahlreiche „junge und alte Leser“, die glücklich darüber sind, dass jemand das Herz zum Klingen brachte.

Gretel Heinrich – Tante Gretel – Horterzieherin von Wolfgang Wache von 1956 bis 1964

Korrekturleserin für

„Kornblumen gießt man nicht – Band 1 LYRIK“

WOLFGANG WACHE ~ Lyrik, das ist für mich …

Hüpft ein Kind unbesorgt durch den Tag. Schreitet ein alt gewordener Mensch zu seinen Traum von Unbeschwertheit. Beide barfüßig. So leben beide in ihren Gedanken frei, im Rhythmus des Alltäglichen. In diesen Zusammenläufen sind viele prosaische Mitteilungen aus dem Inneren unserer Gefühlslage versteckt. Früher hätte man gesagt im inneren unserer Seele beherbergt. Dies sind Augenblicke des Innehaltens. Festhalten von Geburtswehen, von Angst vor den Schulzeugnissen, Erinnerung an den ersten Zungenkuss, die Freude auf ein gutes Essen und dem Spaziergang in der Sonne, Freude und Ängste des Versagens. Besser sein als der Erfolgreiche. Karriereorientierte Menschen fürchten sich vor dem Weg zum Jobcenter. Erniedrigungen und Geringschätzungen finden Platz auf der Couch des Psychiaters. Tagtäglichkeiten. Aber es soll noch etwas Besonderes geben, das man ergründen kann. Man muss sich dafür öffnen, um mit ihr ins Gespräch zukommen. Das ist die Poesie. Sie ist die Kunst, die täglichen Wahrnehmungen in Gedichte zu fassen. Gedankendichtungen kann man auf dem Handy oder auf dem PC schreiben. Man kann auch ein Blatt Papier und ein Bleistift dazu nehmen. Es soll sie noch geben – die Gedichteschreiber. Diese begnadeten Wortakrobaten, die den Mut haben, eine waghalsige Luftrolle aus ihrer Sinnesfreude heraus für alle spürbar darzubieten. Oft höre ich aber auch die Frage: Wer braucht heutzutage noch die Dichtkunst. Gedichte schreiben nur Träumer Schwärmer oder Wolkenverschieber. Deshalb braucht sie keiner ernst zu nehmen, sagen die Leute. Wofür brauchen wir Verseschreiber. Der Mensch braucht Nahrung. Von Gedichten ist ja noch niemand satt geworden. Wer braucht schon Lyrik zum Leben. Bei Ehrentagen ist es schon mal ganz nett, wenn da ein kurzes Gedicht vorgelesen wird. Ein wenig lustig sollte es schon sein. Ist es nicht süß, wenn der Enkel zu Opas 70-sten Geburtstag sein selbst geschriebenes Gedicht vorliest. Alle säuseln gerührt: Das Kind wird ein berühmter Dichter. Sie klatschen Beifall. So kann es sich ereignen, dass diese Belustigung der Gäste die erste Plattform für einen Nachwuchslyriker darstellt. Solange die Verse zur Erheiterung beitragen, wird es auch Applaus geben. Ich weiß noch aus eigener Erfahrung wie es war, wenn ich in meinem Bekanntenkreis außerhalb der genannten Gelegenheiten einige neue Verse vorstellen wollte. Sehr oft bekam ich nach dem zweiten Gedicht zu hören: Leider haben wir heute noch etwas Wichtigeres zu tun. Wenn mal mehr Zeit ist, dann werden wir dir zuhören. Ich soll nicht böse sein. Wir wussten schon immer, dass du ein richtiger Dichter bist. Dabei lächelten sie mitleidig. Viele von meinen Verwandten und Bekannten fanden jedoch nie die Zeit, sich meine Verse anzuhören. Richtiger Dichter. Was ist das? Gibt es wirklich den richtigen Dichter. Ist es der Mensch, der das tägliche Verlangen in sich spürt, sein Vorhandensein in Verse zu fassen? Der Weg bis dahin ist nicht geradlinig. Viele schöne und auch weniger angenehme Lebensmomente fließen in die Wortzeilen hinein. Wer daran arbeitet dies zu beherrschen, verfügt in meinen Augen über einen ganz besonderen Schatz.

Lyrik, das ist für mich auch die kleine Blume im Knopfloch. Wer steckt sich schon noch eine Blume ins Knopfloch seiner Jacke und wer liest noch gern selbst Gedichte. Jedes Kraut, jedes Gras, jede Blüte am Wegesrand ist für mich Lyrik.

YANA ARLT ~ Kornblumen gießt man nicht

(2009)

Nicht von ungefähr wählte der Lausitzer Autor Wolfgang Wache die Kornblume für den Titel seines ersten umfangreichen Werkes, das all seine künstlerischen Facetten widerspiegeln soll. Seit frühester Jugend fabuliert und sinniert er über Himmel und Erde und all die menschlichen Nöte und Freuden, die ein Leben ausmachen. Der Mensch ist für Wolfgang Wache immer Bezugs- und Orientierungspunkt. Für die Menschen seiner Umgebung hat er Lebensinhalte vermittelt, Arbeitsplätze geschaffen, Talente gefördert, Schöpfertum geweckt. Er selbst blieb bei seinem jahrelangen Engagement in der Kunstpädagogik und Kulturpolitik oft unverstanden. So wie die Kornblume am Rande des Getreidefeldes, an trockenen Plätzen und in heißen Sommern die schönsten Blüten entfaltet, so setzte auch Wolfgang Wache sein Wachsen und Blühen unbeirrt von den widrigsten Umständen fort. Noch immer wird die Centaurea cyanus als Unkraut missverstanden, als Störenfried, der die Getreideernte verunreinigt, dabei gilt gerade sie mit ihren himmelblauen Blüten als Anzeiger für ein ausgeglichenes Bodenklima und Ceres, die römische Göttin der Ernte, schmückte sich mit ihr. Menschen, wie Wolfgang Wache sind mit ihren Eigenarten, mit ihrer Beharrlichkeit bis hin zur Starrköpfigkeit, ihrer Beständigkeit im philanthropischen Charakter auf den ersten Blick ein Störenfried, aber wenn es sie nicht mehr gibt, ist unsere Gesellschaft ein totes Nebeneinander.

Wolfgang Wache besitzt viele Talente, seine größte Leidenschaft aber ist das Schreiben. Unmengen handgeschriebener Seiten stapeln sich in seiner Wohnung, ein Teil sogar im Büro des Nachwuchs-Literatur-Zentrums „ Ich schreibe!“. Wenig ist davon, in abgeschriebener Form im PC gespeichert. Nie fand er Zeit diesen literarischen Fundus aufzuarbeiten, das eigene Buch blieb zwischen alltäglichen Wichtigkeiten immer nur ein Wunsch. Der Kulturpädagoge, Vereinsgründer, Vereinsvorsitzende des Birkchen e.V., Vater von drei Kindern, Geldverdiener, Arbeitgeber, Kassenwart, Vereinsvorsitzender, Antragsteller für Fördermittel, Unternehmer, Verleger etc. fand nur stundenweise die Zeit für den Literaten, Autor und Wortkünstler Wolfgang Wache. Vor seinem 60. Geburtstag stellt sich für ihn die Frage: Was bleibt denn von all meiner Arbeit, den aufopferungsvollen, entbehrungsreichen Jahren? Hier schließt sich der Kreis der Kornblume, die mit dem reifen Getreide abgemäht wird, aus deren Samen aber kein Brot wird. Die Kornblume aber ist auch ein Heilkraut gegen Bindehautentzündung, sie macht uns also sehend für die oft gering geschätzten Dinge des Lebens. Ihr Blühen ist ein Zeichen für eine intakte Atmosphäre, sie ist Nahrung für Insekten und Vögel.

WOLFGANG WACHE ~ Mein Marga / Mein Großvater erzählte

Mein Marga

Ich wohne in dem Briesker Ortsteil, den man seit einigen Jahren als „Gartenstadt Marga“ bezeichnet. Ich kann sagen, ich wohne gern in „Marga“! Das war nicht immer so. Mein „Marga“ aus den Kindertagen war alles andere als schön, überall lag Kohlendreck; es stank aus der Fabrik, aus den Aschkuten und Aborten. Tagtäglich, sogar im Bett, war das Stampfen der Pressen, das Quietschen der Bagger und das Pfeifen der E-Loks zu hören. Einmal im Monat gab es den Reparaturtag. Da standen in den Fabriken die Maschinen still. In diesen wenigen Stunden der Ruhe konnte man den Gesang der Vögel hören. Als Kind verabscheute ich die hässlichen alten Häuser. Meine Wurzeln sind hier fest verankert. Meine Beziehung zu dem Ort, in dem meine Mutter geboren und gestorben ist, hat sich in den vielen Jahren zu einer Hassliebe entwickelt. Die ehemalige Arbeiter- und Beamtenkolonie wurde vor einigen Jahren hübsch renoviert. Die Fabriken wurden abgerissen und man hört jeden Tag den Gesang der Vögel. Touristen kommen und bewundern die Gartenstadtarchitektur. Manchmal vermisse ich das Quietschen und Stampfen der Bergbaumaschinen und die stinkende, qualmende, brennende Aschkute hinter dem Stall. Es sind immer noch die Häuser und Straßen von damals und trotzdem ist alles ganz anders. Gern erinnere ich mich an die Menschen, die hinter den Fassaden lebten. Je älter ich werde, umso mehr interessiert mich das Denken und Handeln der vielen Generationen in diesem Teil der Lausitz. Ich möchte gern wissen, wie aus den Bauern und Fischern des einstigen Dorfes Brieske Bergleute wurden. Alles was ich irgendwo von alten Fotos und Dokumenten über den Aufschluss der Grube Marga, dem Bau der modernsten Brikettfabrik und der Errichtung der Arbeiterkolonie erfuhr, habe ich gemeinsam mit gleich Gesinnten in der Gruppe der Ortschronisten gesammelt und archiviert. Durch das Hineindenken in das tägliche Leben der Marganer, wurde dieser Ort, den ich als Kind verabscheute, zu „meinem Marga“. Dies alles reflektiert auch meine literarische und künstlerische Arbeit. Ich würde mich freuen, wenn wir uns mal bei einer meiner Lesungen begegnen.

Mein Großvater erzählte

Nun bin ich schon selbst Opa. Lebe in Marga und kann mich noch genau daran erinnern, wie mein Großvater von früher erzählte. Er kam aus dem ostpreußischen Thorn in die Niederlausitz, wie viele andere junge Menschen auch, um in der Grube Marga Arbeit zu finden. Er wollte mit seiner Frau nur solange bleiben, bis er das Geld für die Überfahrt nach Amerika zusammen gespart hatte. Mein Großvater erzählte mir von seinen Taubenzucht-Erfolgen, warum seine selbst gemachte „Leberwurscht“ die beste weit und breit war. Mit welchem Mist er seine Scholle düngte, auf der er Kartoffeln anbaute. Wie Kinder und Frauen zur Mittagszeit warmes Essen zu den Vätern in den Tagebau schafften, wie Schuppenjungs die Kohlebriketts in die Eisenbahnwaggons einstapelten. Ich hörte ihm immer gerne zu. Seine letzte Ruhestätte fand er in Brieske und nicht in Amerika. Nun bin ich selbst Opa und wohne in dem Ort, in dem einst meine Mutter 1919 geboren wurde. Was erzähle ich meinen Enkelkindern über Brieske. Zu meinen vielen Erinnerungsgeschichten gehört auch der morgendliche Gang auf das Plumpsklo. Es lag immer eine kleine Kohlenstaubschicht auf dem Abortdeckel. Darüber werde ich nicht berichten. Es gibt sicherlich viel schönere Geschichten, die ich meinen Enkeln über die begrünte Gartenstadt erzählen kann.

SUSANN VOGEL ~ Suchende Menschen, selten zufrieden

(2015)

Susann Vogel über eine Lesung des Lausitzer Autors Wolfgang Wache und die poetischen Eindrücke, denen sie nachwandert …

Er fordert auf: „Trinken Sie etwas!“

Und nimmt selbst einen Schluck aus dem Wasserglas. Ich greife zu meinem roten Wein und proste ihm aus der dritten Reihe zu.

Wolfgang Wache, der Lausitzer Kulturmacher, Wortwerkler, ein ernsthafter Clown und – ein Lichtfänger, ein Lichtwerfer auf das Andere, die anderen Möglichkeiten.

Das Licht an diesem Nachmittag fällt in die Elsterniederung, eine Erzählung in Versen über die regionale Vergangenheit; demnächst geplant als Kunstbuch-Veröffentlichung. Es berichtet die Figur des Herberts, dessen Erinnerungsaufmarsch ich lausche: eine Welt des Moors und des Sumpfes; von Lehm und Leben von dem, das vorhanden, verfügbar, ist – in der Elsterniederung. Eine Welt der suchenden Menschen, von Schwertlilien umgeben und selten zufrieden. Eine Welt der nackten Füße, der Wassermänner und Feuchtwiesen, durchdrungen von Stoßgebeten, von den Kraftanstrengungen der Machtlosen, von Nachbars Neid, an dem sich ein Strohdach entzündet.

Herbert ist überzeugt: Wo Tauben gurren, sind Greifvögel nicht weit. Und ich laufe mit ihm in Hausschuhen weiter, weiter, weiter durch einen Wald am Bombentrichter entlang, beinahe stolpere ich – mir winkt die Mittagsfrau, als entartet gebrandmarkt. Und es empfangen uns, Herbert und mich, Menschen, die sich an brennenden Kirschbäumen […] wärm[en] bis niemand mehr w[eiß], wie Kirschen schmecken.

Wie weit sind wir gegangen?

Wie weit sind wir gewandert?

Wir haben uns gar nicht bewegt.

Augenblicke verbinden

Augenblicke

jeden Augenblick

mit dem

neuen Augenblick

Wir stehen in der Elsterniederung, am selben Ort, an dem anderes, anderes, anderes geschieht.

Hier klettere ich mit Herbert auf 100 Jahre alte Bäume und Herbert möchte, dass ich erkenne, dass ein jedes Dasein […] ein Kunstwerk [ist]. Wir, ich und Herbert mit den Holzpantinen.

Darauf stehe ich in Wolfgang Waches Waschkaue. Wir unterhalten uns mit den alten Gemäuern. Der Wind geht. Die Sonne kommt. Dann das Nichts, ein kleines Nichts, eine Blume zwischen den Granitpflastersteinen. Ein Nichts, das gedenkt, dem Etwas, den Menschen, die über diese Steine liefen.

Ich muss Inne halten, warten, atmen – ein Rausch – dort eine feste Stimme: Wird schon werden. … weil es immer schon geworden ist. Wolfgang Wache baut eine leere Wohnung, erzählt von einem Schneider, der sie verlassen musste – ihn haben sie heute abgeholt […] Sein Husten war sehr schlimm. Seine Augen waren rot. Gekommen sind Spinnweben. Geblieben ein Zettel mit der Bitte der Ehefrau an Irgendjemanden, die Blumen zu gießen. Man wird doch wieder nach Hause zurück …? Nicht wahr? Höre ich den Schneider denken. Den Menschen, der die Fähigkeit des Menschen zum Wahnsinn nicht recht glauben mochte.

Die Wohnung ist leer.

Wolfgang Waches Verse begegnen mir niemals bevormundend, direkt wohl, aber immer ver-dicht-et. Sie kippen, die Verse, im Moment des Schlags ins Gesicht. In mein Gesicht. Sie meinen stets ebenso mich. Mich und alle anderen, zu jeder Zeit.

Wände

die mich umgeben

können ein Raum sein

stemme mich gegen die

Begrenzung

um sie zu beseitigen

Mit Wolfgang Wache bin ich auf der Suche – wonach? Nach eine[r] Melodie leise ganz leise. Und dem Text, Text, Text dazu. Wir summe[n] und singe[n] la, la, lalala – wenn er kommt, der Text, pfeifen wir auf ihn.

kursiv Gedrucktes = Originalzitate aus den vorgetragenen Texten

WOLFGANG WACHE ~ Biographisches

Seit frühester Kindheit fand ich Freude daran, Geschichten zu erzählen, später schrieb ich meine Gedanken auf und heftete sie mit eigenen Zeichnungen zu kleinen Heften.

Oft zwang das tägliche Leben, andere Dinge zu tun. Ich lernte nach einem 8-jährigen Schulbesuch den Umgang mit der Maurerkelle, war mal Heizer, Dachdecker, Schornsteinbauer, Koch und Nachtwächter.

Gemeinsam mit dem Schriftsteller Bernd-Dieter Hüge organisierte und realisierte ich ab 1971 gemeinsame Begegnungen von Schreibenden, nahm an Treffen anderer Schreibgruppen teil. In dieser Zeit wurde ich in meinem literarischen Schaffen sehr stark von der Sächsischen Dichterschule beeinflusst. Ich hatte das große Glück, bei den, von mir mitorganisierten, Werkstatttagen den Mitbegründer dieser literarischen Bewegung, Karl Mickel, persönlich kennen zu lernen In dieser Zeit schrieb ich auch Kabaretttexte, setzte sie gemeinsam mit Darstellern auf der Bühne um und verwirklichte literarisch-musikalische Programme.

Seit 42 Jahren findet diese Arbeit mit dem Wort und an dem Wort seine Fortsetzung in der Vermittlung des Schreibenden Handwerks an Kinder und Jugendliche. Im Jahr 1974 habe ich die erste Arbeitsgruppe „Schreibender Schüler“ in Senftenberg angeleitet.

Anfang der 80-er Jahre vertiefte ich mich in das Studium der Künste in Leipzig und war ab 1983 als Staatlich anerkannter künstlerischer Leiter im Braunkohlenkombinat Senftenberg in den betrieblichen Kultureinrichtungen tätig. Diese Ausbildung und Tätigkeit förderte meine Vielseitigkeit und machte mich mit vielen Autoren und Künstlern aller Genres bekannt.

Organisationen von internationalen, nationalen und regionalen Werkstätten, Ausstellungen, Bühnenshows und Lesungen habe ich ebenso durchgeführt, wie Begegnungen von Künstlern.

1990 gründete ich den Verein Niederlausitzer Kunstschule „Birkchen“ e.V. Ein wichtiger Bestandteil war von Beginn an die literarische Arbeit. Ich organisierte von 1992 bis 1999, mit Unterstützung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung & Kultur, die Brandenburgischen Kinder- und Jugendliteraturwettbewerbe, Artistenprojekte in Frankreich und Deutschland, Tanzprojekte in Ungarn und Deutschland und vieles mehr.

Ich gehörte 1992 zu den Mitbegründern der LAG der Jugendkunstschulen und kulturpädagogischen Einrichtungen des Landes Brandenburg.

Seit 1999 gewann meine eigene literarische Arbeit wieder zunehmend an Bedeutung.

Im Jahre 2003 rief ich das Nachwuchsliteraturbüro „Ich schreibe!“ ins Leben. Vier Jahre später erfolgte die Gründung des Vereins Nachwuchs-Literatur-Zentrum „Ich schreibe!“, der sich, laut Satzung §2 u.a. Folgendem widmet: „Zweck des Vereins ist die Förderung der Kunst und Kultur, insbesondere der Literatur deutschsprachiger europäischer Nachwuchsautoren, sowie die Förderung der kulturellen Bildung.“

Ab 2004 bis 2009 organisierte ich gemeinsam mit meinen Mitstreitern jährlich europaweite Literaturwettbewerbe.

Der Förderung des literarischen Nachwuchs’ soll auch der, am 01.01.2007 gegründete verlag*wache wolfgang dienen.

Das Nachwuchs-Literatur-Zentrum findet bereits seine deutschlandweite Anerkennung. Oft war und bin ich an den Schulen als Kulturpädagoge unter anderm zum Thema: Gewalt und Konflikte im Schulalltag, mit dem kulturpädagogischen Projekt „Mathe, Deutsch und blaue Flecken“ unterwegs.